

Rheda-Wiedenbrück (ng). Beherzt beißt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in eine frische Bratwurst. „Lecker.“ Selbst gemacht schmeckt es eben doch am besten. Das knackige Grillgut hat die „Landesmutter“ zuvor eigenhändig auf dem Rost gewendet, bis die gewünschte Bräune erreicht war.
Uwe Linnhoff vom SPD-Stadtverband und Vize-Bürgermeisterin Gudrun Bauer stehen der Düsseldorfer Regierungschefin bei ihrer spontanen Kochaktion auf dem Rhedaer Rathausplatz helfend zur Seite.
Die Bratwurst hat sich die Vorsitzende der NRW-SPD, die an diesem Tag mit dem Bundestagskandidaten Thorsten Klute aus Versmold auf Wahlkampftour durch den Kreis Gütersloh unterwegs ist, redlich verdient. Das Familienfest der Sozialdemokraten aus der Doppelstadt an der Ems ist an diesem Abend ihr letzter Termin.
Mehr als 500 Menschen sind gekommen, um die Ministerpräsidentin zu sehen. Das ändert sich auch nicht, als Hannelore Kraft gemeinsam mit Thorsten Klute kurzerhand zum Mikrofon greift und zu den Klängen des Shantychors „Die Emsmöwen“ den maritimen Klassiker „Seemann, deine Heimat ist das Meer“ anstimmt. Die Textsicherheit der Ministerpräsidentin verblüfft das Publikum, aber auch die „Landesmutter“ kommt aus dem Staunen kaum noch heraus: „Schön, dass Sie geblieben sind, obwohl wir gesungen haben“, scherzt sie zur Begrüßung.
Als sie die Ziele ihrer Partei für die Zeit nach der Bundestagswahl am 22. September vorstellt – einen Sieg des Merkel-Herausforders Peer Steinbrück vorausgesetzt – wird der Klang ihrer Stimme tiefer. „Wir kämpfen für mehr Gerechtigkeit, für bessere Bildungschancen und dafür, dass die Menschen wieder von ihrer Arbeit leben können“, sagt Hannelore Kraft. Von den schlechten Werten für die SPD auf Bundesebene lasse sie sich nicht entmutigen, denn: „Wahlen werden nicht durch Umfragen entschieden.“
Natürlich seien die Sozialdemokraten für Steuererhöhungen, gesteht Hannelore Kraft. „Aber nicht bei den niedrigen und mittleren Einkommen, sondern bei den Vermögenden und denjenigen, die mehr als 260 000 Euro im Jahr verdienen.“
Zeit für freundliche Worte
Rheda-Wiedenbrück (ng). Die Ministerpräsidentin hat ihre Rede noch nicht ganz beendet, als Anneliese Hasse die Bühne betritt. Zielsicher steuert die Seniorin auf die „Landesmutter“ zu. „Endlich lerne ich Sie persönlich kennen.“ Gerne nimmt sich Hannelore Kraft die Zeit für ein paar nette Worte und einen Händedruck. Dann geht sie zurück ans Rednerpult und bittet um Verständnis: „Entschuldigung, aber von einer fast 90-Jährigen lasse ich mich gerne unterbrechen.“ Das menschelt. Und dafür lieben die SPD-Anhänger „ihre“ Hannelore – nicht nur in Rheda.