„Die Täter sollen sich nirgendwo sicher fühlen“

Bundesweit steigt die Zahl der Wohnungseinbrüche. Besonders betroffen ist das bevölkerungsreichste Bundesland NRW. Wie er der Entwicklung beikommen will, erklärt Innenminister Ralf Jäger im Interview mit Hubertus Gärtner.

Herr Minister Jäger, Wohnungseinbrüche haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. War dieser Trend auch 2013 ungebrochen?

RALF JÄGER: Die endgültigen Zahlen liegen uns erst demnächst vor. Wir stellen aber fest, dass es unterschiedliche Entwicklungen in NRW gibt. Wir haben Regionen mit deutlichen Rückgängen an Wohnungseinbrüchen, es gibt aber auch solche mit Zuwächsen.

Was sind die Ursachen für diese Entwicklung?

JÄGER: Es gibt seit einigen Jahren bundesweit einen deutlichen Anstieg bei den Wohnungseinbrüchen. Wir wissen, dass professionelle und überörtlich agierende Banden aus Südosteuropa viele Einbrüche begehen. Die machen weder an Behörden- noch an Ländergrenzen halt. Dagegen setzen wir in NRW auf überörtliche Strategien und Einsätze. Wir müssen aber auch bundesweit vernetzte Konzepte gegen diese Diebesbanden entwickeln. Das will ich als Vorsitzender der Innenministerkonferenz in diesem Jahr forcieren.

Unter allen Bundesländern werden in NRW bei weitem die meisten Taten verübt. Woran liegt das?

JÄGER: Nordrhein-Westfalen ist mit 18 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Bundesland mit den Ballungszentren an Rhein und Ruhr. Und wir haben eine hervorragende Verkehrsinfrastruktur mit vielen Autobahnen und Fernverkehrsstraßen. Das nutzen Einbrecher, um ihre Straftaten zu begehen und mit ihrer Beute schnell zu verschwinden. Mit unserem Konzept "Mobile Täter im Visier" wollen wir den Intensivtätern auf die Spur kommen, Einbrecher schnell festnehmen und Diebesgut sicherstellen. Zu diesem Konzept gehört außerdem, dass die Polizei, wie vor kurzem im Raum Dortmund und Düsseldorf, groß angelegte Razzien und Kontrollen auf Autobahnen und Fernstraßen macht. Dadurch gewinnen wir wichtige Erkenntnisse über Personen, Strukturen und Reisewege der Einbrecherbanden. Deshalb wird es auch in Ostwestfalen in Zukunft solche großen Einsätze geben. Die Täter sollen sich nirgendwo sicher fühlen.

Auch die Opposition im Landtag greift gelegentlich das Thema auf. Anlass für wiederkehrende Kritik ist die Aufklärungsquote. Sie ist in der Tat ziemlich niedrig. Warum eigentlich?

JÄGER: Wir sind mit der Aufklärungsquote nicht zufrieden. Deshalb haben wir unsere Strategie verbessert. Wir setzen auf örtliche Analysen, systematische Spurensuche und Spurensicherung und schöpfen alle Fahndungsmöglichkeiten aus. Richtig ist: Wir müssen besser werden. Aber ich sage ganz deutlich: Die Bekämpfung des Wohnungseinbruchs steht bei der NRW-Polizei ganz oben auf der Agenda.

Gibt es mit dem vorhandenen Personal bei der Polizei überhaupt Chancen, dass sich die Aufklärungsquote signifikant verbessern lässt?

JÄGER: Unsere Polizistinnen und Polizisten sind hoch motiviert und leisten hervorragende Arbeit. Wir unterstützen sie mit modernster Technik und innovativen Konzepten, gerade was die Bekämpfung von Diebstählen und Wohnungseinbrüchen betrifft. Wir stellen jedes Jahr 1.500 neue Polizeianwärterinnen und -anwärter ein. Das kommt auch den Ermittlern bei der Kripo zugute.

Aus Reihen der Polizei ist immer wieder zu hören, dass die Vorratsdatenspeicherung als ein wirksames Instrument zur Aufklärung in diesem Kriminalitätsbereich unerlässlich sei. Wie ist Ihre Meinung dazu?

JÄGER: Die Polizei braucht eine Mindestspeicherfrist.Nur so können wir beispielsweise Kinderpornografie bekämpfen und Stalker ermitteln. Das muss natürlich verfassungskonform sein und darf die Freiheit nicht einschränken. Im Koalitionsvertrag sind bereits die wichtigsten Eckpunkte geregelt. Es müssen ganz klar die Speicherdauer festgelegt, die Straftaten eindeutig definiert und der richterliche Vorbehalt berücksichtigt werden. Dazu müssen die Daten auf deutschen Servern liegen. Eine Regelung, die später vom Europäischen Gerichtshof gekippt wird, hilft weder der Polizei noch den Opfern. Deshalb müssen wir sorgfältig vorgehen.

Ist die bisherige Prävention ausreichend, oder sind viele Bürger immer noch zu fahrlässig?

JÄGER: Jeder von uns kann selber eine Menge gegen den Wohnungseinbruch tun. Einbrecher haben nämlich alles, nur keine Zeit. Je sicherer die Riegel vor Fenstern und Türen sind, desto mehr Zeit brauchen die Einbrecher. Zeit, die sie nicht haben! In rund 40 Prozent der Fälle gibt der Täter auf, weil Tür und Fenster gut gesichert sind. Die Polizei informiert im Übrigen kostenlos, wie man seine eigenen vier Wände am besten sichert.

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07 – Gütersloh, Samstag 08. Februar 2014