Das Einvernehmen fehlt

Rheda-Wiedenbrück. Es ist die größte Investition seit 30 Jahren, über die der Stadtrat entschieden hat: die Gesamtschule. Manch ein Bürgervertreter hatte gewünscht, dass dieser "Quantensprung in Sachen Schule der Zukunft", so Volker Brüggenjürgen, Bündnisgrüne, einmütig auf den Weg gebracht wird. Doch dieser Wunsch erfüllte sich nicht.

Rund 32 Millionen Euro sind für die Standorte der Gesamtschule in Rheda und Wiedenbrück veranschlagt – für Ausstattung und Mobiliar, für eine Mensa und Spielgeräte, für Umbaumaßnahmen und modulare Raumelemente sowie für eine Freilufthalle und eine Dreifeldhalle. Und an eben denen schieden sich in der jüngsten Ratsitzung die Geister.

Die CDU-Fraktion benötige für eine Abstimmung über die dafür kalkulierten Gelder – 450.000 Euro für die Freilufthalle, 1,7 Millionen Euro für die Sporthalle – weitere Informationen. Das sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Henkenjohann. Sein Argument: Bei Kosten in Millionenhöhe müsse erneut genau hingesehen werden. "Wir machen Politik für die gesamte Stadt, nicht nur für ein Projekt".

Die von der CDU-Fraktion geforderten Details könne die Verwaltung frühestens zur Ratssitzung im März liefern, so Bürgermeister Theo Mettenborg. "Das bedeutet eine zeitliche Verzögerung bei der Realisierung." Angedacht war die Installation der Freilufthalle am Standort Rheda für die Nutzung im Sportunterricht und für einen trockenen Aufenthalt im Freien bei Regen zum kommenden Schuljahr. "Wird darüber erst im März entschieden, käme sie im Spätherbst", sagte Thomas Becher, Leiter des städtischen Immobilienmanagements. Für die Dreifeldsporthalle gilt: Sie kann mit dreimonatiger Verzögerung erst im dritten Quartal 2017 in Betrieb genommen werden. In der Zwischenzeit müssten Gesamtschüler für den Sport in andere Turnhallen ausweichen, so Mettenborg.

Die CDU sei nicht in der Lage, Entscheidungen dann zu treffen, wenn sie notwendig seien, kritisierte Peter Berenbrinck, SPD. Er fragte, warum die Mehrheitsfraktion nicht schon eher ihre Fragen gestellt habe. "Am Thema Sporthallen hat sich in den letzten sechs Wochen nichts geändert." In einer Sonderkommission hätten sich alle Politiker zuvor geeinigt. Und dass die CDU die anderen Fraktionen nicht informiert habe, "ist jenseits des parlamentarischen Brauchs."

Mit einer möglichen Verzögerung hat Brüggenjürgen keine Probleme. Er findet einen weiteren Antrag "unfair, weil durch die Hintertür eine Zügigkeit eingeführt wird". Die CDU fordert von der Verwaltung, für den Standort Wiedenbrück nicht nur ein Konzept für eine zweizügige Realschule und eine vierzügige Gesamtschule zu erstellen, sondern auch eines auf Basis einer dreizügigen Realschule und einer dreizügigen Gesamtschule – jeweils ohne Oberstufe. Denn die wird am Standort Rheda realisiert. Es fehle dabei aber die Frage, was geschehe, wenn die Osterrath-Realschule zu wenig Anmeldungen für zwei Eingangsklassen bekomme, monierte der Grüne. "Das ist wohl aus Angst vor gewissen Personenkreisen", so Berenbrinck.

Auf Nachfrage von Brigitte Frisch-Linnhoff, SPD, räumte Schuldezernent Eberhard Greufe ein, dass man grundsätzlich über mehr Parallelklassen an der Gesamtschule nachdenken könne. Im Zweifel müsse dann auch mehr Raum für die Kinder geschaffen werden – worüber die Politik zu entscheiden habe. Sonst müssten Kinder abgewiesen werden, "eine alte Erfahrung an Gesamtschulen", so Greufe.

Genehmigt hat die Bezirksregierung die Gesamtschule in Rheda mit fünf Zügen in der Sekundarstufe I und mit drei Zügen in der Sekundarstufe II sowie drei Züge in Wiedenbrück. Derzeit gibt es dort eine Klasse mehr. Das werde auch für das nächste Schuljahr erwartet, so die Stadt. In Rheda rechnet die Verwaltung für das kommende Jahr mit fünf bis sechs neuen Klassen. "Diese Mehrklassen müssen von der Bezirksregierung genehmigt werden." Eine grundsätzliche Änderung der Zügigkeit erfordere ein neues Genehmigungsverfahren.

___
info

Drei Schulen unter einem Dach

Da die Ketteler-, die Matthias-Claudius- und die Ernst-Barlach-Realschule (EBR) auslaufend aufgelöst werden und damit immer weniger Schüler haben, sollen sie ab dem Schuljahr 2016/17 alle drei im Gebäude der EBR untergebracht werden. Das sei das einvernehmliche Ergebnis einer Gesprächsrunde der Verwaltung mit den drei Schulleitern, sagte Bürgermeister Theo Mettenborg gestern auf Anfrage. Für die Wiedenbrücker Hauptschüler werde dann ein Bus eingesetzt.

Die Leitung beider Hauptschulen übernimmt Elisabeth Stratmann-Paulun bereits ab dem kommenden Schuljahr. Im Sommer 2015 geht ihr Kollege Ulrich Backer von der MCS in den Ruhestand.

Haben alle Schüler diese drei weiterführenden Schulen verlassen, wird die Johannisschule von der Fürst-Bentheim-Straße in das EBR-Gebäude an der Lessingstraße umsiedeln.

© 2014 Neue Westfälische
07 – Gütersloh, Mittwoch 03. Dezember 2014