Vizekanzler und Tönnies wollen es besser machen

Rheda-Wiedenbrück (gl). Der Eintrag von Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) ins Goldene Buch der Stadt ist am Dienstag bei seinem Besuch bei Unternehmer Clemens Tönnies im Fleischwerk in Rheda zur Nebensache geworden. Im Beisein von der jüngst vorgestellten Ombudsfrau Gudrun Bauer (SPD) sowie Bürgermeister Theo Mettenborg (CDU) und unter Ausschluss der Öffentlichkeit gab es drängendere Anliegen, die es abzuhandeln und zu besprechen galt.

Erst Mitte Dezember hatte Sigmar Gabriel mit Blick auf die Fleischindustrie von Ausbeutung und Zwangsarbeit gesprochen, über Zustände, für die er sich schäme. Ein anderes Bild von der Branche habe er bei der Firma Tönnies gewonnen, berichtete der Gast aus Berlin. Konstruktiv habe man diskutiert, gaben die Beteiligten am Ende zu Protokoll, über Werkverträge ebenso gesprochen wie über Mindestlöhne und Lebensbedingungen. Zweieinhalb Stunden hatten sich der Minister, der Unternehmer, der Bürgermeister und die Ombudsfrau Zeit genommen, um sich ein Bild von der Stimmung der Mitarbeiter ebenso zu machen wie von Produktionsabläufen, Historie und anderen Dingen.

Er sei unglaublich beeindruckt von der Entwicklung und dieser Erfolgsgeschichte, schickte Sigmar Gabriel zu Beginn der anschließenden Pressekonferenz gleich vorweg, um dann zum Kern der Gespräche zu kommen: Werkverträge und ihre bisweilen sehr hässlichen Begleiterscheinungen. Beide – sowohl der Minister als auch der Unternehmer – halten dieses Beschäftigungsmodell eigenen Angaben zufolge für unentbehrlich, durchaus aber für optimierbar. „Das System muss verbessert werden“, sagte Tönnies, der wenige Minuten zuvor bewiesen hatte, dass sein Herz nicht daran hängt: Da hatte er nämlich den versammelten Mitarbeitern angeboten, aus einem Werkvertrag in eine Direktanstellung zu wechseln.

Er habe die Signale verstanden, ließ der Wirtschaftsminister Medienvertreter und Tönnies-Mitarbeiter wissen. Gemeinsam mit dem Rhedaer Unternehmen wolle er sich an die Spitze einer Bewegung setzen, die zu einem Um denken in der Branche führe. Der Tönnies-Chef selbst sieht sich als Vorreiter, habe man doch beizeiten schon erkannt, dass sich etwas verbessern müsse. Und so verwies er auf 23 Werksmannschaften, die in der Tönnies-Arena kicken, auf Mitarbeiter aus 28 Nationen, „die friedlich miteinander arbeiten“, an die Einrichtung eines Runden Tischs und die daraus hervorgegangene Position einer Ombudsfrau. „Andernorts wären wir froh, wenn wir solche Bedingungen vorfinden würden“, so Sigmar Gabriel. Wirtschaft