Solide Stadtfinanzen – Die Zukunft im Blick

Die Rede wurde im Namen der SPD-Fraktion vom finanzpolitischen Sprecher Francesco Trifoglio vorgetragen.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratskollegen,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
liebe Gäste.

Ich beginne mit einer Geschichte. Vor wenigen Wochen las ich einen Presseartikel über einen Stadtrat in Italien. Genauer gesagt Agrigent auf Sizilien. Dort kamen die 30 Ratsleute auf die Idee die Stadtkasse zu plündern. Vorab sei gesagt, dass in Italien Aufwandsentschädigungen für Ratsleute pro Sitzung gezahlt werden. 10 Euro je Sitzung. Einvernehmlich legten die Ratsleute aus Agrigent 1133 Treffen im Jahr 2014 fest. Utopisch, denn es ging den Kommunalpolitikern nur darum, sich auf scheinbar legale Weise persönlich zu Lasten der Stadtkasse zu bereichern. Beschlossen wurde in den Sitzungen nichts.

Was hat das mit Rheda-Wiedenbrück zu tun.? Nun, zunächst einmal nichts. Wir können froh sein, dass wir hier solche Verhältnisse nicht haben. Agrigent ist ein Extrembeispiel.

Hier in Rheda-Wiedenbrück sind alle im Rat vertretenen Parteien dem Gemeinwohl verpflichtet. Auch ganz persönlich kann man den hiesigen Kommunalpolitikern, den Ratsleuten und natürlich auch dem Bürgermeister nur beste Absichten zum Wohle dieser Stadt attestieren. Egal ob von CDU, SPD, Grünen, FDP, UWG oder den Linken. Diese Mentalität des Gemeinwohls und der Ehrlichkeit schätzen wir Sozialdemokraten in Deutschland und in Rheda-Wiedenbrück. Darauf kann man stolz sein. Und darüber können sich die Bürger wirklich freuen.

ABER: Auch in der Politik unserer Stadt gibt es negative Tendenzen, die – wie ich finde – die Zukunft unserer Stadt gefährden.

Dieses Jahr erwarten wir die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Für Rheda-Wiedenbrück heißt das: 74,8 Millionen Euro. 2 Millionen Euro mehr als in 2014. Mit allen anderen Erträgen kommen wir auf Einnahmen von insgesamt 109,3 Millionen Euro. Das sind ca. 4,6 Millionen Euro mehr als 2014. Konjunktur und Beschäftigung brummen. Auf den Punkt gebracht: Deutschland geht es sehr gut. Rheda-Wiedenbrück prosperiert.

Gute Zeiten, in denen wir eigentlich etwas "auf die hohe Kante" legen müssten oder zumindest einen strukturell wirklich ausgeglichenen Haushalt vorlegen sollten.

Das Gegenteil ist der Fall. Der Haushaltsentwurf weist ein Defizit von 6,7 Millionen aus, die wir aus der Ausgleichsrücklage nehmen. Hochgerechnet ist die Ausgleichsrücklage im Jahr 2019 aufgebraucht.

Wir kritisieren als sozialdemokratische Fraktion, dass das geplante Investitionsvolumen aus unserer Sicht realistisch nicht umsetzbar ist, die scheinbar in den Augen des Bürgermeisters schon beschlossene neue Stadthalle nicht eingepreist wurde und das seit Jahren geforderte Kennzahlensetting nicht vollständig umgesetzt wurde. Der von uns ebenfalls seit Jahren eingeforderte Vergleich zwischen den Aufwendungen der Fremdplanungskosten versus eigenes Personal musste von uns nochmals gesondert beantragt werden, damit Bewegung in die Angelegenheit kommt. Zudem fehlen Haushaltsansätze für die Reparatur der Pius-Schwimmhalle und für die stetig steigenden Pensionslasten im Haushalt.

Der Bürgermeister wird uns nun wieder mit dem Hinweis auf den "Haushalt der Zukunft" beruhigen wollen und auf die guten Zahlen der Stadt Rheda-Wiedenbrück hinweisen. Diese Versicherung beruhigt uns nicht. Für den "Haushalt der Zukunft" war beschlossen: „Verwaltungsseitig wird dem Rat der Stadt Rheda-Wiedenbrück spätestens bis Ende 2014 ein Handlungs- und Optimierungspotenzial von fünf Millionen Euro für die laufende Haushaltstätigkeit auf Basis 2012 in den aufgeführten Handlungsfeldern aufgezeigt. Die Verwaltung wird dem Rat ein entsprechendes Umsetzungs- und Strategiepapier erarbeiten und bis zur Sommerpause vorlegen. Über den Prozess ist der Rat halbjährlich in öffentlicher Sitzung zu informieren. Zwischenberichte an die Fraktionen sind vierteljährlich zu erstatten.“

Wir haben nun März 2015. Das Konzept liegt uns nicht vor. Solange uns dieses Konzept nicht vorliegt und es nicht beschlossen wurde, werden wir den Haushaltsplanentwürfen als SPD-Fraktion nicht mehr zustimmen. Ohne dieses Gesamtkonzept werden wir allerdings auch nicht dem Antrag der Grünen zustimmen, die Gewerbesteuer und die Grundsteuern zu erhöhen. Diese Entscheidung muss Teil des Gesamtkonzepts sein.

Aus all diesen Gründen lehnen wir den Haushalt ab.

Kommen wir nun zurück zur Mentalität in dieser Stadt. Auch in Rheda-Wiedenbrück liegt einiges im Argen. Hier bereichert sich niemand persönlich an der Stadtkasse. Aber: Zu hohe Standards, Lobbygruppenbedienung, Ortsteildenken, Legislaturperiodendenken, Großprojekte an Großprojekt "plündern" unsere Stadtkasse langfristig aus. Diese negative Mentalität beraubt diese Stadt mittelfristig jeglichen finanziellen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraums. Es fehlt der politische Wille, ernsthaft gegen zu steuern. Dabei ist politischer Mut und politischer Wille unabdingbar, um alte Zöpfe und Pfründe zu beschneiden und so zum Wohl der ganzen Stadt die knappen Geldmittel effizienter einzusetzen. Wir müssen den Menschen vor Ort offen sagen, dass wir uns diese Doppelpoligkeit und diese hohen Standards auf Dauer nicht leisten können, ohne die Zukunft der Stadt zu verfrühstücken.

Jetzt heißt es endlich Konsequenzen ziehen. Alle gemeinsam und jeder für sich. Eine Mentalitätswechsel ist angezeigt. Das vorrangige Ziel muss eine solide und ausgeglichene Haushaltsführung sein. Nochmal: Dahin kommen wir nur durch den Abbau von luxuriösen Doppelstrukturen und Standardabsenkungen. Wir müssen die Zukunft von Rheda-Wiedenbrück und nicht das nächste Wahlergebnis, parteipolitische Taktiken oder die persönliche Popularität einzelner im Blick haben.

Und bedenken wir: Wie anfangs erwähnt, leben wir in guten Zeiten. Für schlechte Zeiten wird erneut keine Vorsorge getroffen. Es gibt genügend Risikofaktoren wie z. B. einen möglichen Einbruch der Konjunktur Auch prozessuale Ereignisse könnten massive negative Auswirkungen auf die Situation unserer Stadt haben.

All dieses sehen wir mit dem Haushaltsplanentwurf nicht als verwirklicht an. Deswegen lehnen wir den Haushalt ab und fordern alle im Rat vertretenen politischen Kräfte und den Bürgermeister auf, gemeinsam mit uns, diesen möglichen Entwicklungen wirkungsvoll und dauerhaft entgegen zu steuern, anstatt auf den Abgrund zu zu rasen.

Zum Schluss möchte ich im Namen der SPD-Fraktion bei Herrn Bremhorst und seinem Team ganz herzlich für die geleistete Arbeit danken und zitiere wörtlich aus dem Haushaltsplanentwurf:
"Nur durch eine absolut stringente Haushaltsdisziplin, die ihre Wurzeln in Art und Umfang eines deutlich verringerten Anspruchsdenkens haben muss, wird sich die Stadt Rheda-Wiedenbrück davor bewahren können, sich fremdeinwirkenden Haushaltskonzepten unterwerfen zu müssen!"

Ihnen, Herr Bremhorst, wünschen wir als SPD-Fraktion noch einmal persönlich einen gesunden Ruhestand.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.