
Rheda-Wiedenbrück (gl). Den Dr.-Lüning-Preis für bürgerschaftliches Engagement und Zivilcourage hat die SPD Rheda-Wiedenbrück
zum dritten Mal verliehen. Die Auszeichnung ist Heike Zurmühlen, jahrelang aktives Mitglied in der Evangelischen Versöhnungs-Kirchengemeinde, während einer Feierstunde im Luise-Hensel-Saal im Stadthaus Wiedenbrück am Mittwochabend überreicht worden.
Ihr Engagement in der Flüchtlingshilfe habe sie in den Fokus gerückt, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Hans Feuß in seiner Laudatio über das Vorstandsmitglied der Evangelischen Frauenhilfe, deren Mitglieder sich ebenso geehrt fühlen dürften. Das gelte auch für alle Helfer in der Flüchtlingshilfe. Feuß hob insbesondere auf die Solidarität als sozialdemokratischen und die Nächstenliebe als christlichen Grundwert ab und führte aus, wie die Flüchtlingsbeauftragte der Versöhnungs-Kirchengemeinde diese im Alltag lebe. Die Bandbreite reiche von Spendenaufrufen über das Beschaffen einer Lagerhalle, so dass Kleidung, Kleinmöbel und mehr untergebracht und verteilt werden können, bis zum Organisieren von Deutschunterricht. Feuß hob Heike Zurmühlens Talent als Netzwerkerin hervor, und sprach augenzwinkernd davon, dass man Männer dieses Schlags oftmals auch Rödelrudi nennt. So habe sie etwa Kontakt zu einem Bäcker geknüpft und einen Brötchendienst ins Leben gerufen dabei werden tagesfrische Waren, die bis Ladenschluss nicht verkauft werden, verschenkt. Die Preisträgerin habe das ReckenbergBerufskolleg mit ins Boot geholt, so dass mit Unterstützung von Schülern nicht in Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu Volkshochschulkursen Menschen aus aller Herren Länder Deutsch in der Kindertageseinrichtung “Bunte Welt“ (Der Name ist Programm) für den Alltag beigebracht werde.
Heike Zurmühlen sei zudem Ansprechpartnerin bei “Willkommen in Rheda“, zuerst Hilfsinitiative, jetzt Verein. Für den inzwischen mit 1.000 Euro dotierten Dr.-Lüning-Preis hatte Swenja Zein Heike Zurmühlen vorgeschlagen. Feuß zitierte aus deren Begründung: Ich selbst kenne Heike Zurmühlen seit mehr als 20 Jahren als ehrenamtliches Mitglied der Evangelischen VersöhnungsKirchengemeinde und bewundere ihre beneidenswerte Energie zum guten Zweck. Diese setze sie nicht nur in der Presbyterarbeit und für den Weltladen ein. Hans Feuß wies als Beispiele für globale und lokale Anstrengungen auf Heike Zurmühlens Unterstützung der Stiftung Via Nova hin, die sich unter anderem für internationale Begegnungen junger Menschen einsetze, und auf Kontakte, die die Frauenhilfe nach Brasilien und Tansania unterhält, um dort zu helfen.
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„Mit ganzem Herzen“
Rheda-Wiedenbrück (kaw). Das was ich tue, geht nicht ohne Familie im Rücken, dankte die Preisträgerin ihrem Mann, ihrer Tochter und deren Freund. Manches Mal sei sie bis in die Nacht unterwegs, berichtete sie. Heike Zurmühlen sprach zugleich über die strahlenden Augen derjenigen, denen geholfen wird, und die Dankbarkeit, die sie darin sehe. An die Zukunft denkend betonte sie, dass es wichtig sei, schon junge Menschen einzubinden und ihnen Verantwortungsbewusstsein beizubringen. Sie glaubt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, dass später einmal rückblickend Zuwanderung als Rettung empfunden werde. Um zukunftsfähig zu bleiben, bedürfe es qualifizierter Arbeitskräfte. Doch mangele es in Rheda-Wiedenbrück an Wohnraum, um Interessenten zu halten. Es müsse mehr im Bereich des sozialen Wohnungsbaus getan werden. Ihrer Meinung nach sollten es mehr Menschen wagen, an Flüchtlinge zu vermieten.
Jürgen Jentsch, Vorsitzender des Kreisverbands der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Gütersloh und ehemaliger SPDLandtagsabgeordneter, sprach über die Bedeutung des Ehrenamts und ging kritisch darauf ein, was seiner Meinung nach Politik leisten muss. Er führte aus, inwiefern die von der Sozialdemokratin Marie Juchacz gegründete AWO sowie das durch Willy Brandt geschaffene Klima zu Hilfsbereitschaft und Miteinander beigetragen hätten. Er dankte Heike Zurmühlen: “Sie haben bewiesen, dass das Eintreten für den Nächsten etwas Selbstverständliches sein kann, wenn man es denn aus voller Überzeugung und mit ganzem Herzen macht.“
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Vorschläge verdeutlichen vielfältiges Ehrenamt
Rheda-Wiedenbrück (kaw). Brigitte FrischLinnhoff, Vorsitzende des SPD-Ortsvereinsvorstands und zugleich Lehrerin, berichtete zur Begrüßung aus ihrem Alltag: Bei manchem ihrer Siebt- und Achtklässler stehe das Ehrenamt in der Werte-Rangfolge ganz unten. “Ich wünschte, meine Schüler wären heute Abend hier, um zu sehen, wie vielfältig ehrenamtliche Arbeit ist und wie verschieden die Menschen sind, die sich ehrenamtlich engagieren.“ sagte sie. Als Nominierte, die in den unterschiedlichsten Bereichen aktiv sind, nannte Brigitte Frisch-Linnhoff:
- Heike Grahl, die 25 Jahre lang eine Behindertengruppe in Rheda-Wiedenbrück geleitet und dort übermäßig viel geleistet habe.
- Elena Camelia Hadar und ihre Mutter Elena Panzar helfen aufopferungsvoll rumänischen Familien in Situationen, bei der die deutsche Sprache wichtig ist, setzte sie die Aufzählung fort.
- Ebenfalls für den Preis vorgeschlagen worden war die IsraelAG des Einstein-Gymnasiums mit den Lehrern Elisabeth Meier und Thorsten Mönning. Die AG setze sich für ein demokratisches, tolerantes und menschenwürdiges Rheda-Wiedenbrück, Nordrhein-Westfalen und Deutschland ein, sowie gegen Vorurteile und Ausgrenzung.
- Um die Heimatgeschichte habe sich der Ortsheimatpfleger Jürgen Kindler verdient gemacht, der mehr als 25 Jahre den Heimatverein Rheda leitete.
- Michael Ossenkemper fahre seit mehr als 25 Jahren ehrenamtlich Rettungsdienst und leite den DRK-Ortsverein Rheda-Wiedenbrück.
- Ina und Andreas Schweikardt würden sich zum einen mit dem Team vom Pferdeschutzhof Four Seasons für das Wohl von Tieren einsetzen und zudem als Bereitschaftspflegeeltern dem Jugendamt 24 Stunden an jedem Tag im Jahr zur Verfügung stehen.
- Als Bezugspersonen, die für die Sorgen und Nöte der Flüchtlinge ein offenes Ohr haben, charakterisierte Brigitte Frisch-Linnhoff Brigitte Vitt und Barbara Györy, die in Zusammenarbeit mit der St. Aegidius-Gemeinde Sprachkurse für Flüchtlinge anbieten.
„Nur einer kann die Nase vorn haben“, sagte Hans Feuß, bevor er den Versammelten verriet, dass die Wahl des SPD-Ortsvereinsvorstands auf Heike Zurmühlen gefallen sei. Er betonte, dass gemäß dem olympischen Gedanken Teilnehmen wichtiger als Siegen sei.