Kapitel XIII – Die Arbeit der Rhedaer SPD nach der Währungsreform bis zur kommunalen Neugliederung im Jahre 1970

Durch die Währungsreform verschlechterte sich nicht nur die finanzielle Leistungsfähigkeit, sondern allgemein die wirtschaftliche Lage der arbeitenden Bevölkerung. In einem Antrag an den SPD-Unterbezirk Bielefeld-Halle-Wiedenrück forderte der Ortsverein Rheda alle im Landtag vertretenen Parteifunktionäre auf, sich mit der Willensdarlegung der Bevölkerung bekanntzumachen und sich für diese mit allen Mitteln einzusetzen. Gefordert wurde u.a. die Abschaffung des Begriffes „Mindestpreis“ und Einführung von „Höchstpreisen“, um Preissteigerungen entgegenzuwirken und eine verstärkte Sozialisierung der Produktionsbetriebe. Weiter wies der Ortsverein Rheda darauf hin: „daß eine Hortung der nicht bewirtschafteten Güter eingesetzt hat . . . während vor Wochen noch ein reichliches Angebot von Fertigwaren seitens von Herstellerfirmen vorlag, zeigt sich jetzt auch hierin eine Zurückhaltung mit der Begründung in Ermangelung der Rohstoffe.“

Ein neues kapitalistisches Zeitalter hatte in den Westzonen begonnen. Vor den Kommunalwahlen im Oktober 1948 kam es zu einem Eklat im Stadtparlament. Die SPD-Mitglieder des Wohnungsausschusses traten zurück, da die Gemeindeverwaltung schon vor Zusammentritt des Ausschusses willkürliche Entscheidungen fällte und somit die Mitglieder des Ausschusses keine weitere Initiative zur Geltung bringen konnten. Um den Bürger dieser Willkür bei der großen Wohnungsnot nicht vollständig auszusetzen, beschloß der Ortsverein auf einer Mitgliederversammlung, diesen Schritt der Fraktion zu überdenken.

Am 17. Oktober 1948 fanden aufgrund des neuen Kommunalwahlgesetzes und der neuen Gemeindeordnung Kommunalwahlen statt. Der Ortsverein Rheda führte zwei öffentliche Wahlkundgebungen durch. Für die SPD zogen 3 Kandidaten in direkter Wahl und ein Bewerber über die Reserveliste in das Rhedaer Stadtparlament ein. Den 4 SPD-Stadtverordneten standen 6 CDU- und 1 FDP-Vertreter gegenüber. Zum Jahresschluß 1948 gehörten der SPD in Rheda 159 Mitglieder an.

In der Generalversammlung am 14. Januar 1949 wurde Franz Herrmann, der schon vor 1911 in der SPD tätig war, wegen seiner verdienstvollen Arbeit für die SPD zum Ehrenvorsitzenden der Rhedaer Sozialdemokraten gewählt. Ein Schwerpunkt in Frühjahrsmonaten des Jahres 1949 bildete in den Beratungen der Rhedaer SPD die Frage des Wohnungsbaues und der Schaffung von Siedlerstätten an der Wegböhne. Interessant ist hier die Konzeption der Siedlerwohnungen, die von der Westfälischen Heimstätte errichtet werden sollten: 1 Küche (ca. 15 m2), ein Schlafzimmer (ca. 14 m2) , ein Kinderzimmer (ca. 12 m2), ein Abstellraum (ca. 10 m2), sowie Stallungen.
In den Mittelpunkt der Ortsvereinsarbeit rückten sodann die Vorbereitungen zu den Wahlen zum 1. Deutschen Bundestag am 14. August 1949. Dazu waren drei Veranstaltungen mit namhaften Referenten geplant. Vom Unterbezirk der Partei wurden jedoch nur zwei dieser Wahlveranstaltungen bewilligt. Als Kandidaten für den Bundestagswahlkreis Wiedenbrück/Paderborn schlug die SPD Rheda Valentin Jany vor. Die Kreisdelegiertenkonferenz bestätigte diesen Vorschlag. Valentin Jany erhielt zwar keinen Sitz im Bundestag, aber er konnte mit 21,3% der Stimmen ein für diesen Wahlkreis beachtliches Ergebnis erzielen. In Rheda erreichte die SPD bei dieser Wahl 32,39% der Stimmen.

Am 13.Februar 1950 wandte sich der Ortsverein an den Wirtschaftsminister des Landes NRW, Prof.Dr. Eric Nolting, mit der Bitte “ in Rheda in einer Grosskundgebung zu sprechen. Wir glauben bestimmt, dass es jetzt wieder an der Zeit ist, das Volk aus der Defensive heraus zu holen und aufzuklären und somit zu dem kommenden Wahlkampf zu propagandieren.Bisher konnten wir hier in den Kleinstädten immer nur die Feststellung machen, dass die Kapazitäten unserer Partei nur in den Großstädten referierten. – Diesen Standpunkt können wir nicht teilen; denn es ist wichtig, dass wir von den Grössen unserer Partei auch einmal in einer Kleinstadt (ca. 12.000 Einwohner) zu Gesicht bekommen.“ Im April 1950 kam dann der Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein-Westfalen nach Rheda. In weiten Kreisen der Bevölkerung fand diese Veranstaltung großes Interesse und Anerkennung.Die „Freie Presse“ berichtete am 24. April hierüber: „Volle Läden – leere Einkaufstaschen! Zwei Millionen Arbeitslose – das ist keine Erfolgswirtschaft Die Rede des Wirtschaftsministers von Nordrhein-Westfalen………wurde ein seltenes Erlebnis. Verstand es doch der Minister,………in die brennenden Probleme unserer Zeit in souveräner, dabei aufgeschlossener, volkstümlicher, ja launiger Weise hineinzuleuchten. Früher Schlangen vor den Läden, jetzt vor den Stempelstellen. Für diese armen Menschen ist das Wort `Vollbeschäftigung´geradezu ein Evangelium.

Am 28. Oktober 1951 mußte wegen eines tödlichen Unfalles des Direktkandidaten des Wahlkreises Wiedenbrück, Adolf Kaschny (CDU), eine Nachwahl durchgeführt werden. Im Rahmen der Nachwahl führte der Ortsverein Rheda zwei Wahlkampfveranstaltungen durch. Am 10. Oktober sprach der Genosse Heinz Kühn über das „Neue Schulgesetz“; am 27. Oktober fand eine weitere Veranstaltung statt, auf welcher der 2. Vorsitzende der SPD, Bundestagsabgeordneter Erich Ollenhauer, sprach.

Zu dieser Nachwahl zum Landtag kandidierte für die SPD der Kaufmann Dr. Herbert Wiese und für die KPD der Elektroschweißer Reinhold Sperber. Beide Kandidaten wohnten und wirkten in Wiedenbrück. Die SPD konnte ihre Stimmen um 6,2% steigern; auch die KPD legte 0,4% zu. Das Zentrum kandidierte nicht. Noch bei der Landtagswahl am 18. Juni 1950 erreichte diese Partei 11,7% der Stimmen. Die CDU profitierte davon, daß das Zentrum nicht kandidierte und konnte ihren Stimmenanteil um 9,5% auf 58% ausbauen. Am Wahltag konnte die Rhedaer SPD einen Zuwachs von 400 Stimmen verzeichnen.

Das Jahr 1952 wurde maßgeblich durch die im September stattfindenden Kommunalwahlen bestimmt. Der Ortsverein Rheda bemühte sich in mehreren Bürgergesprächen darum, der SPD einen guten Ausgangspunkt für diese Wahlen zu schaffen. Bei den Wahlen am 9. November 1952 konnte die Rhedaer SPD ihren Stimmenanteil geringfügig erhöhen, mußte jedoch aufgrund der höheren Wahlbeteiligung und des Zuwachses an wahlberechtigten Bürgern (Zuzug von Flüchtlingen aus den Ostgebieten) einen prozentualen Verlust von knapp 6% hinnehmen.

Das Jahr 1953 begann mit der Generalversammlung am 23. Januar. Heinrich Heineke löste nach 5jähriger Tätigkeit den Vorsitzenden Heinrich Vogelsang ab, da dieser auf eine erneute Kandidatur verzichtete.

Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl am 6. September 1953 führten die Rhedaer Sozialdemokraten eine Reihe von Informationsveranstaltungen mit auswärtigen Referenten durch. Die Protokolle sagen aus, daß vornehmlich Fragen überregionalen Inhalts, u.a. der Beitritt zum EVG-Vertrag, im Vordergrund standen.

In den folgenden Jahren arbeiteten die Rhedaer Sozialdemokraten kontinuierlich weiter. Kommunalpolitisch stellte insbesondere die Wohnungsnot eine große Herausforderung da, die es zu meistern galt. Neue Baugebiete wurden ausgewiesen. Rheda wurde immer größer. Neue Siedlungen ergänzten das Stadtbild. Auch die Anlage eines Kanalsytemes mit Bau eines Klärwerkes stand oben auf der Tagesordnung. Der Neubau der Realschule war zwingend erforderlich, weitere Schulen bedurften einer Erweiterung und es fehlten Turn- und Kleinschwimmhallen. Aufgrund der politischen Lage und der damit verbundenen Veränderungen auf der Landes- und Bundesebene beschäftigten sich die Ortsvereinsmitglieder stark mit der Thematik der Friedenspolitik. So wurde z.B. 1954 über die Frage der Wiederbewaffnung, den Abschluß eines Friedensvertrages und der Wiedervereinigung Deutschlands diskutiert.
Neben den friedenspolitischen Themen befaßten sich die Rhedaer Sozialdemokraten auch mit Fragen der Steuerreform, der Rentenpolitik, der allgemeinen Sozialpolitik und der Jugendkriminalität sowie der Wiedereinführung der Todesstrafe. Zu diesen Themen fanden etliche öffentliche Veranstaltungen statt.

Der SPD-Ortsverein Rheda und die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Rheda suchten ständig den Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt. Da die bisherigen Formen der Öffentlichkeitsarbeit nicht mehr ausreichten, kommunalpolitische Fragen intensiv zu diskutieren, veranstaltete die SPD-Fraktion am 22. Oktober 1955 erstmalig einen Abend unter dem Motto „Bürger fragen, Stadtvertreter antworten“. Das Protokoll berichtet, daß diese Bürgerversammlung gut besucht war und eine sehr lebhafte und vielseitige Diskussion stattfand. Als besonders wichtig betrachteten die dort Anwesenden die Fragen – der Kanalisation und deren Finanzierung – der Schaffung von Kinderspielplätzen in der Innenstadt – der Sicherung von gefährlichen Kreuzungen durch Stopschilder – der Förderung örtlicher Sportvereine und – der Hilfe für Wohnungssuchende.

Am 31. Oktober 1955 ehrten in einer Feierstunde die Rhedaer Sozialdemokraten ihre ältesten Mitglieder. Es waren Wilhelm Hagemann und Max Schubert, die auf eine über 50jährige Mitgliedschaft zurückblicken konnten. Über Max Schubert sind einige Lebensdaten erhalten. Der am 14. November 1886 in Berlin geborene Max Schubert trat 1904 der SPD bei. 1901 gehörte er zu den 20.000 Berliner Holzarbeitern, die in den Streik traten. Über Pommern, Mecklenburg, Hannover und Bielefeld kam Max Schubert 1919 nach Rheda. Viele Jahre gehörte er dem Rhedaer Stadtparlament an. Ebenso war er bis 1933 Mitglied des Kreistages. Als am 7. August 1945 der SPD-Ortsverein wiederbegründet wurde, war Max Schubert auch dabei.

Die SPD war 1955 – wie auch heute – im Stadtparlament in der Opposition. Sie stellte den Oppositions-gedanken jedoch nicht in den Vordergrund ihrer Arbeit, sondern versuchte durch eine konstruktive Mitarbeit die aufstrebende Stadt kommunalpolitisch mitzugestalten. Diese Arbeit sah die Partei als wertvoller an als eine konsequente Oppositionspolitik – die wohl bequemer und populärer gewesen wäre – zu betreiben. Diese Politik wurde der SPD von den anderen Parteien nicht leicht gemacht. So wurden Gerüchte und Unwahr-heiten verbreitet, die insbesondere die Schulpolitik der SPD vor Ort bei den Bürgern schlecht machen sollte. In einer öffentlichen Veranstaltung in der Gaststätte Neuhaus am 28. März 1956 nahm die SPD zu Behauptungen Stellung „daß die SPD gegen den Neubau von Volksschulen und vor allem gegen die Errichtung der Turnhalle an der Lindenschule [ ab 1957 Wenneber-Schule] sei. Diese Gerüchte seien von einer Seite ausgestreut worden, die bewußt die Unwahrheit sage und in den vorangegangenen Jahren immer gebremst habe, wenn die SPD ihre Forderungen auf Verbesserungen der schulischen Verhältnisse einbrachte. Zudem seien Worte restlos verdreht worden, die von einem Vertreter der SPD in einer geheimen Sitzung des Schulausschusses gesprochen wurden. Die alten Protokolle besagten dagegen klipp und klar, daß die Anträge auf dem Schulsektor immer von der SPD gestellt wurden, die auch den Antrag für die Turnhalle stellte, der aber dann von den anderen Fraktionen hintenan gestellt wurde. So liegen die Verhältnisse und nicht anders.“ Der stetige Einsatz für den Bürger zahlte sich bei den Kommunalwahlen am 28. Oktober 1956 aus. Die SPD konnte hierbei einen erheblichen Stimmenzuwachs erreichen. Ihr Wahlergebnis von 1952 mit 22,35 % konnte sie auf 29,75 % verbessern.

Die erste Bürgerversammlung nach den Kommunalwahlen fand am 17. Februar 1957 in der Gaststätte „Zum Bürgerhof“ auf der Wegböhne statt. Die Versammlung wurde von dem Stadtdirektor i. R. Paul Rößler geleitet und stand unter dem Motto „Bürger fragen, wir antworten“. Gegenstand der Kritik war, daß man in Rheda keine Gemeinschaftsschule habe. Die ev. Volksschule in der Hofwiese [Parkschule] hätte eingespart werden können. Die Konfessionsschulen seien für die Städte eine starke finanzielle Belastung. Da jeder „kleine“ Betriebsunfall in den Krankenhäusern von Herzebrock und Gütersloh behandelt werden mußte, forderten die Anwesenden die Einrichtung eines kommunalen Krankenhauses mit Fachstationen. Weiter standen Fragen des Straßenbaues, der Kanalisation und der Erweiterung der Straßenbeleuchtung zur Diskussion.

Im März 1957 standen in der Generalversammlung der Rhedaer Sozialdemokraten ebenfalls kommunalpolitische Fragen auf der Tagesordnung. Heinrich Heineke wählte man erneut zum Vorsitzenden. Der Fraktionsvorsitzende Paul Rößler führte aus, „daß seit der Währung in Rheda 1.200 Wohnungen geschaffen wurden, und daß die Baulandbeschaffung jetzt wegen der so stark angestiegenen Grundstückspreise immer schwieriger werde. Auch das Bauen sei zu teuer geworden. Die SPD sei im allgemeinen gegen Enteignungen und werde immer nur im Falle dringenster Notwendigkeit dafür sein. Interessant sei, daß die CDU das Enteignungsgesetz geschaffen habe, ihre Vertreter in den unteren Parlamenten aber nicht mitmachten. . . Mit der Kanalisation klappt es jetzt wieder besser, weil die Regierung Steinhoff den Städten, im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin unter Arnold (CDU), unter die Arme greife und Gelder zur Verfügung stelle.“

Das Jahr 1958 brachte mit der Generalversammlung am 25. Januar einen Wechsel in der Position des Vorsitzenden der Partei. Heinrich Heineke, der wegen seiner auswärtigen Beschäftigung mit einem Wohnungswechsel rechnete, verzichtete auf eine erneute Kandidatur. Zum neuen Vorsitzenden wählte der Ortsverein August Eickholt.

Die kommunalpolitische Arbeit, verbunden mit der parteipolitischen Schulung und die Organisation der Wahlkämpfe, stand bis zu diesem Zeitpunkt im Mittelpunkt der Aktivitäten der Rhedaer Sozialdemokraten.

Am 21. März 1959 feierte der Ortsverein Rheda im Saale der Gaststätte Neuhaus sein damals 80jähriges Bestehen.

Erich Ollenhauer, Ulrich Lohmar (MdB) und Erich Deppermann (MdL) würdigten in Grußworten die Arbeit der Rhedaer Sozialdemokraten.

Im Verlauf des Jahres 1959 führte der Ortsverein mehrere öffentliche Veranstaltungen, u.a. mit den Bundestagsabgeordneten Ulrich Lohmar und Rudolf Bäumer durch. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß erhebliche Meinungsverschiedenheiten innerhalb der SPD-Fraktion bestanden. So führte der Genosse Rößler in einer Sitzung am 2. November 1959 aus, „daß immer eine Uneinheitlichkeit innerhalb der Fraktionsmitglieder bestehe, jeder ginge fast seinen eigenen Weg. Dies mache nach außen hin einen sehr schlechten Eindruck. Ungleiche Abstimmungen lassen immer eine latente Krise erkennen, der Gegner erkenne dies sofort und nütze dies für sich aus .. . Auch wurde über den Stadtdirektorvertreter eingehend verhandelt. Besonders setzte sich der Fraktionsvorsitzende für den Stadtoberinspektor Elebracht ein, „der ein tüchtiger Beamter sei.“ Der Schriftführer schrieb in einer Anmerkung zum Protokoll „Ich kann nicht verstehen, wie sich ein Genosse unseres Ortsvereins sich für einen Beamten mit besonderem Ehrgeiz einsetzen kann, der zu unseren politischen Gegnern zählt.“

Im Jahre 1960 wurde August Eickholt als Vorsitzender bestätigt. Mehrere öffentliche Veranstaltungen wurden durchgeführt. Ulrich Lohmar referierte u.a. über den Deutschlandplan der SPD. Seiner Ansicht nach sollte dieser Plan nicht als Evangelium, sondern als Diskussionsbeitrag verstanden werden.

Rudi Hamann, Bezirkssekretär des Bezirks Ostwestfalen-Lippe begann am 1. Juli 1960 „sein mit starkem Beifall bedachtes Referat mit der Feststellung, daß die Demokratie die beste politische Verwaltungsform sei. Nur scheinbar aber sei in unserer jungen Demokratie die Abkehr von alten Ordnungen, Feudalismus, Diktatur und Kapitalismus gelungen. Im Gebälk der ersten 19 Artikel des Grundgesetzes, die dem Menschen die persönlichen Freiheiten garantieren sollten, knistere es immer wieder, weil zu stark daran gerüttelt werde.“

In der Mitgliederversammlung am 8. Februar 1961 wurden die Kandidaten der Rhedaer Sozialdemokraten für die 12 Stimmbezirke zur Kommunalwahl und die 15 Plätze umfassende Reserveliste der SPD benannt und gewählt.
Alle gewählten Kandidaten nahmen die Wahlkampfarbeit auf. Die örtliche Presse würdigte die Kandidatenliste der Rhedaer SPD wie folgt:
„Was an der Kandidatenliste der Rhedaer SPD auffällt, ist das Vertretensein vieler Berufsgruppen und aller Altersklassen. Das SPD-Team ist eine sehr gesunde Mischung. Die 12 Männer, die sich den Wählern in den Stimmbezirken stellen – sie nehmen gleichzeitig auch die ersten 12 Plätze der Reserveliste ein – verdienen Vertrauen. Sie sind gute Kenner der Rhedaer Verhältnisse.“
Am Wahltag war das erzielte Ergebnis allerdings nicht zufriedenstellend. Gegenüber der letzten Kommunalwahl büßten die SPD-Vertreter 1,83% ein. In das Stadtparlament wurden direkt gewählt: August Eickholt und Karl Tuttas, über die Reserveliste zogen ein: Kurt Schreiber, Paul Rößler, Heinrich Heineke, Wilhelm Grebe und Walter Bloch. Die Glocke vom 20.03.1960 berichtet: „CDU-Erfolge in Wiedenbrück und Rheda. Doch auch in den übrigen Gemeinden führen die Christlichen Demokraten Wiedenbrück. Trotz einer kleinen Sensation bei den Direktmandaten in der Stadt Wiedenbrück – Arnold Verhoff von der CDU wurde im Stimmbezirk Ostschule (Nr.10) knapp von Walter Mende von der SPD überrundet – war für die CDU das Ergebnis der Wahlen zum Stadtparlament ein beachtlicher Erfolg. Zu den bisher 14 Sitzen errang die CDU zwei neue hinzu; mit 16 Ratsherren stellt sie nunmehr wieder (wie schon einmal 1952) eine Zweidrittelmehrheit. Die SPD verlor zwei Mandate und wird nur noch mit fünf Ratsherren ins Stadtparlament einziehen, während es sich beim Rest um eine konstante Größe handelt. “

In den folgenden eineinhalb Jahren konzentrierte sich die Arbeit der Rhedaer Sozialdemokraten auf die Durchführung eines Bundestags- und Landtagswahlkampfes. Bei den Bundestagswahlen am 17. September 1961 erreichten sie 32,56% und bei der Landtagswahl am 8. Juli 1962 konnten sie mit 35,82% ihr bis dahin bestes Stimmenergebnis in der Stadt erzielen.

Bis zum Jahre 1964 gab es keine besonderen Höhepunkte, aber auch keine Tiefschläge mehr. Der SPD-Ortsverein Rheda (Westf.) veranstaltete eine Reihe von öffentlichen Versammlungen mit namhaften Referenten, z.B. mit den Bundestagsabgeordneten Ulrich Lohmar, Heinz Saxowski, Kurt Vogelsang und Elfriede Eilers. In der Mitgliederversammlung am 10. Juli 1964 wurden die Kandidaten für die Kommunal-wahl benannt. Das „Ergebnis war zum ausgesprochen guten Schluß eine Liste, wie sie glücklicher noch bei keiner Kommunalwahl aufgestellt wurde“, so berichtete die „Freie Presse“. Weiter heißt es in diesem Presseartikel: „Einmütig sprach sich die Versammlung für einen fairen Wahlkampf aus. Örtlich gehe es in erster Linie um das Wohl der Stadt Rheda.
Die Kommunalwahlen am 27. September 1964 standen in Rheda dann im Zeichen eines großen Sieges der SPD, die ihren Stimmenanteil gegenüber der letzten Kommunalwahl um 8,5 % steigerte. Erstmalig errang die SPD vier Direktmandate und gewann insgesamt zwei Ratssitze dazu. August Eickholt, Karl Tuttas, Heinrich Schmidt und Walter Bloch gewannen die vier Direktmandate für die Rhedaer SPD. Heinrich Vogelsang, Paul Rößler, Heinrich Heineke, Franz Juppe und Wilhelm Grebe zogen über die Reserveliste ins Stadtparlament ein. Die CDU hatte fest damit gerechnet, die alleinige Mehrheit zu erringen. Das gelang ihr aber nicht, im Gegenteil, die bisherige absolute Mehrheit der CDU war gebrochen. Mit großer Spannung sahen die Bürgerinnen und Bürger der Emsstadt der Bürgermeisterwahl am 6. Oktober 1964 entgegen. Der Sitzungssaal im alten Rhedaer Rathaus war überfüllt, denn allzuviele interessierte Mitbürger wollten die Wahl des neuen Bürgermeisters miterleben. Die Presse berichtete folgendermaßen:
„Ratsherr August Eickholt (SPD) schlug seinen Fraktionskollegen und bisherigen 1. Bürgermeister-stellvertreter Heinrich Heineke, Ratsherr Josef Ortner (CDU) den Fraktionsvorsitzenden Reinhold Sinnreich vor. Es dauerte einige Zeit, bis der Wahlgang beendet war und die Ratsherren sich durch die Zuschauer-massen gedrängt hatten. Das Auszählen wurde zu einer spannenden Sache: 5: 0 für Sinnreich, 8: 5 für Heineke, 8: 8, 12: 8 für Heineke, 12: 10 und dann kam die 13. Stimme für Heineke. Damit stand Rhedas Bürgermeister für die nächsten 5 Jahre fest.“ Der neugewählte Bürgermeister Heinrich Heineke führte nach seiner Wahl aus:
„Wir alle wurden von der Bürgerschaft gewählt, um deren Belange zu vertreten. Das muß uns immer leiten. Herzlich bitte ich alle Ratsherren um ihr Vertrauen. Ich selbst möchte dazu beitragen, daß sich die Stadt Rheda ihres ersten sozialdemokratischen Bürgermeisters nicht zu schämen braucht.“

Die Rheda-Wiedenbrücker Sozialdemokraten können heute mit Stolz und Genugtuung feststellen, daß diese Worte Wahrheit geworden sind und daß die ehemals selbstständige Stadt Rheda in Heinrich Heineke einen profilierten und einsatzfreudigen Bürgermeister gehabt hat. Heinrich Heineke bemühte sich, die parteipolitischen Gegensätze im Interesse der Gesamtbevölkerung der Stadt Rheda auszugleichen, um eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Gemeinwesens in Rheda zu erreichen. Da aus dieser Zeit keine Protokolle des Ortsvereins vorliegen, können hier nur mündliche Informationen älterer Mitglieder wiedergegeben werden. Danach konzentrierte sich die Arbeit der Rhedaer Sozialdemokraten darauf, die Arbeit „ihres Bürgermeisters“ und der SPD-Fraktion im Rat sachlich und konstruktiv zu unterstützen. Als nächste größere Aufgabe stand die Bewältigung des Bundestagswahlkampfes 1965 an. Mit Hilfe des Bundestagsabgeordneten Ulrich Lohmar konnten die Rhedaer Sozialdemokraten Georg Leber für eine Wahlveranstaltung im Saale Neuhaus gewinnen. In der sehr gut besuchten Diskussionsrunde verwahrte sich Georg Leber laut „Freie Presse“ „gegen die Behauptung Erhards, er habe das Wirtschaftswunder vollbracht. Das wir diesen Stand erreicht haben, das ist die Leistung des ganzen Volkes … Erhard habe im Wahlkampf gesagt, zu seiner Zeit hätten sich Eltern für die Bildung ihrer Kinder krummgelegt. Unter großem Applaus erklärte Leber: „Wir Sozialdemokraten sind der Ansicht, daß allen Kindern nach der Geburt die gleichen Staatschancen [Schreibfehler vermutlich Startchancen] gegeben werden . . . Der Arbeitnehmer wird in der Gesellschaft erst dann als gleichwertiges Mitglied anerkannt, wenn er die gleiche Bildung hat“ Leber versicherte, eine sozialdemokratische Bundesregierung werde die Unterschiede in den Krankenhäusern und anderswo abbauen.“ Ulrich Lohmar kritisierte in der gleichen Wahlveranstaltung, daß sein Gegenkandidat Rainer Barzel einer öffentlichen Diskussion ausweiche.

Bei den Wahlen zum Bundestag am 10. September 1965 konnte die SPD in Rheda ihr Wahlergebnis gegenüber dem Ergebnis von 1961 um knapp 3 % verbessern.

In der Jahreshauptversammlung der Rhedaer Sozialdemokraten vom 22. Februar 1966 löste Heinrich Schmidt den bis dahin amtierenden Vorsitzenden Kurt Schreiber ab. Trotz der vom Ortsverein und der Fraktion geleisteten Arbeit konnte ein Zuwachs an Mitgliedern nicht festgestellt werden. Durch Todesfälle und Umzüge sank sogar die Zahl der Mitglieder in diesem Jahr auf 98. Diese Entwicklung betrachtete der Vorstand des Ortsvereins mit gewisser Sorge und Paul Ruscheweyh machte den Vorschlag, sich in jedem Falle um den Nachwuchs der Partei zu kümmern. Auch der neu gewählte Vorsitzende erkannte das Problem und stimmte einer intensiven Förderung der jungen Mitglieder zu.

In der Mitgliederversammlung am 25. März 1966 gab Heinrich Vogelsang als Fraktionsvorsitzender einen ausführlichen Bericht über die Arbeit im Stadtparlament. Er betonte u.a., daß der Bildungsnotstand in der Bundesrepublik durch Schulbauten und Ausbildung von genügend Lehrpersonal ein Ende gesetzt werden müßte. Ebenfalls war seine Meinung, daß der Mensch durch Weiterbildung, besonders politischer Art, eine ganz andere Einstellung zur Sozialdemokratischen Partei haben würde und Vorurteile weitgehendst ausgeräumt werden könnten.
. Daß die Arbeit der Sozialdemokraten landesweit von den Bürgern anerkannt und gewürdigt wurde, bewies das Ergebnis der Landtagswahl am 10. Juli 1966, bei der die SPD in Rheda ihr bestes Resultat nach dem 2. Weltkriege mit 41, 38% erzielte. Im Wahlkampf wurden 18.000 Werbeschriften von Briefkasten zu Briefkasten verteilt.

Unter seinen Vorsitzenden Hans-Günter Bachus konnten auch die Wiedenbrück Sozialdemokraten in ihrer Stadt den Stimmenanteil für die SPD steigern. Keine leichte Aufgabe in der schwarzen Provinz. Um Hans-Günter Bachus, Gerhard Boxhammer und Karl-Heinz Krammenschneider sammelte sich eine „schlag-kräftige“ Gruppe, welche es verstand, auch in Wiedenbrück heiße Eisen anzupacken. Am 23. Februar 1965 reichte die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Wiedenbrück den Antrag auf „Einrichtung einer neusprachlichen Sexta“ am Gymnasium zu Wiedenbrück ein. Der Rat der stimmte geschlossen für diesen Antrag, nachdem es in den Fachausschüssen Gegenstimmen gab. Zum Schulbeginn 1966 wurde eine Anfängerklasse mit Englisch eingerichtet.

Am 22. Oktober 1966 legten die Rhedaer Sozialdemokraten in ihrer Vorstandssitzung bereits die Betreuung der einzelnen Wahlbezirke für die im Jahre 1969 vorgesehene Kommunalwahl durch Mitglieder und Ratsherren fest. Nur das Parteimitglied Peter Kliche verlangte vom Vorstand schon zu dem Zeitpunkt die Zusicherung seiner Aufstellung für die Kommunalwahl. Ihm wurde jedoch von dem Vorsitzenden Heinrich Schmidt und von Karl Tuttas erklärt, dass dieses nicht möglich sei, denn nur der amtierende Vorstand des Jahres 1969 könne darüber entscheiden.

Laut Pressemitteilung der „Neuen Westfälischen“ über die Jahreshauptversammlung vom 10. März 1967 verjüngte sich die Rhedaer SPD-Führung. Vorsitzender blieb Heinrich Schmidt. Eines der Hauptprobleme, mit dem sich der neue junge Vorstand, die Mitglieder und die Fraktion beschäftigten, war der Vorschlag des Oberkreisdirektors Hans Scheele, „den Zusammenschluß der beiden Städte Rheda und Wiedenbrück mit ihren Umlandgemeinden zu einer Einheit“ durchzuführen“. In einem Schreiben vom 25. Oktober 1969 an den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Landtag wies der Ortsverein-Vorstand darauf hin, daß ein Zusammenschluß, wie ihn der Oberkreisdirektor Scheele geplant hatte, von 90% aller Bürger Rhedas abgelehnt würde.
Im Stadtparlament trieben die Sozialdemokraten die Umgestaltung der Rhedaer Innenstadt voran. Man plante eine großzügige bauliche Erneuerung, eine autoberuhigte Einkaufszone und zur Entlastung der Innenstadt den Bau der Osttangente. Geplant wurde mit Einverständnis der Bürgerinnen und Bürger das „moderne Rheda“. Gegen diese Planungen erhob sich in der damaligen Zeit kein Widerstand in der Be-völkerung. Von Renovierungen, durch bauen oder sanieren der alten Fachwerkhäuser war leider noch keine Rede. Die Besitzer wollten raus und bauten lieber „Neu“. Das Umdenken setzte erst wenige Jahre später ein.

Um die Mitarbeit in den Reihen des Ortsvereins zu verstärken, wurden Schulungsabende eingerichtet, die jedoch nicht den gewünschten Erfolg wegen mangelnder Beteiligung hatten. Weiter besprach man in einer Reihe von Mitgliederversammlungen Themen aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik.

Erst als es mit Hilfe des Juso-Unterbezirks Wiedenbrück-Gütersloh Jochen Sänger gelang, eine Jungsozialistengruppe zu gründen, lebte die Arbeit auf Ortsvereinsebene wieder auf. Schon im Gründungsjahr 1968 unterstützten die Jungsozialisten die Öffentlichkeitsarbeit des Ortsvereins durch eine Vielzahl eigener Veranstaltungen. Es kann aus heutiger Sicht festgestellt werden, daß im Verlauf der folgenden Jahre die Arbeit des Ortsvereins durch die engagierten Aktivitäten der Jungsozialisten an politischem Profil gewann.

Durch den plötzlichen Umzug ihres Vorsitzenden Heinrich Schmidt im Jahre 1968 mußten Neuwahlen zum Vorstand vorgenommen werden. Der Ruf nach einem jüngeren Vorstand wurde laut. In der Mitgliederversammlung am 20. September 1968 kam es zu Ergänzungswahlen. Die „Neue Westfälische“ informierte ihre Leser am 23. September 1968 über diese Wahlen folgendermaßen: „SPD Ortsverein Rheda hat den jüngsten Vorstand seit fast 90 Jahren“. Neuer 1. Vorsitzender wurde der Ratsherr Walter E. Meier, 39 Jahre, stellvertretender Vorsitzender Jochen Sänger, 22 Jahre, Hauptkassierer Friedel Voltmann, 29 Jahre, Schriftführer Hans Funke, 21 Jahre. Zusätzlich wählte man Bürgermeister Heinrich Heineke als weiteren Beisitzer. Mit vollem Elan ging der neugewählte Vorstand an die Arbeit. Sein Ziel war, bis zur nächsten ordentlichen Jahreshauptversammlung arbeitsmäßig Akzente zu setzen. Als eine wesentliche Neuerung ist der Vorschlag Walter E. Meiers auf der nächsten Mitgliederversammlung zu betrachten, an Parteiveranstaltungen interessierte Mitbürger teilnehmen zu lassen, solange nicht innerparteiliche Probleme im Mittelpunkt standen. Da im März 1969 die Feier zum 90jährigen Bestehen des SPD-Ortsvereins Rheda (Westf.) anstand, konzentrierte sich die Arbeit des Vorstandes mit auf die Vorbereitungen des Festes. Man versuchte, den damaligen Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Heinz Kühn, als Festreferent zu gewinnen. Wegen Terminschwierigkeiten mußte Heinz Kühn jedoch absagen.
Die gesamtgesellschaftlichen Unruhen jener Tage gingen auch am Ortsverein Rheda nicht spurlos vorüber. Mit der Arbeit des neuen jungen Vorstandes war insbesondere ein Teil der damaligen Ratsherren nicht immer einverstanden. Aber anstelle solidarischer – immer notwendiger – Kritik, wurde gelegentlich mit Beschuldigungen gearbeitet, die besagten, daß Protokolle nachträglich geändert oder sogar gefälscht worden seien. „Gegen den 2. Vorsitzenden werden Anschuldigungen in der Richtung erhoben, daß er geäußert haben soll, einige ältere Mitglieder im Vorstand absägen zu wollen“. „Genosse Sänger stellt diesen Sachverhalt als strikte Verleumdung hin“. In der nächsten Jahreshauptversammlung am 21. Februar 1969 traten die Unstimmigkeiten im Ortsverein noch einmal deutlich zu Tage. Es gab bei den Wahlen zum Vorstand einige Umbesetzungen, wobei der amtierende Vorsitzende Walter E. Meier nicht mehr kandidierte. Zum neuen Vorsitzenden wurde Karl Tuttas, zum Stellvertreter Jochen Sänger gewählt. Neuer Hauptkassierer wurde Heinz Gehring, da auch Friedel Voltmann verzichtete, Schriftführer blieb Hans Funke. Über derartige Unstimmigkeiten zu berichten, ist nicht immer üblich. Für den Ortsverein Rheda gehören auch diese Diskussionen zu einer lebendigen, nie erstarrenden politischen Arbeit. In der Mitgliederversammlung am 14. März 1969 gab der Fraktionsvorsitzende Heinrich Vogelsang seinen Jahresbericht. Er führte u.a. aus, „daß im Jahre 1968 eine Reihe von Bebauungsplänen erstellt worden seien. Der wichtigste ist der Plan zur Sanierung der Altstadt … Eng verbunden mit dem Bebauungsplan S 1 zur Sanierung des Stadtkernes ist der Neubau eines Verwaltungsgebäudes. Das Vorhaben konnte bislang nicht verwirklicht werden, die Gründe hierfür sind zu sehen im Problem der kommunalen Neugliederung im Raum Rheda-Wiedenbrück. Der Rat der Stadt Rheda vertritt den Standpunkt, daß das Verwaltungsgebäude am vorgesehenen Platze unbedingt errichtet werden muß, da nur so ein Schwerpunkt im neuzugliedernden Stadtkern von Rheda geschaffen werden kann.“ Auch die Mitglieder der Partei erhoben gegen diese Planungen damals keine Einwände.

Trotz innerparteilicher Auseinandersetzungen zwischen jüngeren und älteren Mitgliedern wurden zu den am 28. September 1969 statt-findenden Bundestagswahlen in Rheda weit über 60.000 Flugblätter von den Parteimitgliedern verteilt und eine Vielzahl von Plakaten geklebt. Ein hochmotivierter Wahlkampf der Bundespartei um Willy Brandt spornte insbesondere die jüngeren Mitglieder vor Ort an. Das Stimmenergebnis der Bundestagswahl hob sich mit 4,1 % Zuwachs deutlich von dem Ergebnis der vorhergegangenen Wahlen ab. Überall in den Geprächen war eine Aufbruchstimmung zu spüren. Man sehnte sich nach Reformen, nach einer neuen Politik.

Doch in der Kommunalpolitik zogen dunkle Wolken auf. Die letzte Mitgliederversammlung des Jahres 1969, am 27. November, war für die Rhedaer Sozialdemokraten mit einer enttäuschenden Nachricht des Fraktionsvorsitzenden Heinrich Vogelsang verbunden. Er stellte fest, daß „das sogenannte Wiedenbrück-Gesetz im Landtag in 2. und 3. Lesung verabschiedet wurde und somit Rheda und Wiedenbrück ab 1. Januar 1970 eine neue gemeinsame Stadt bilden“. Der Vorstand hatte bereits am 14. November dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen in einem Schreiben sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, daß die Selbständigkeit der Stadt nicht erhalten werden würde. Dennoch beschlossen die Rhedaer Sozialdemokraten in ihrer Mitgliederversammlung, unverzüglich Verbindungen mit ihren Wiedenbrücker Parteifreunden anzuknüpfen, um die nun anstehenden Aufgaben gemeinsam bewältigen zu können.

Am 17. 12. 1969 kamen die Delegationen der Ortsvereine Rheda und Wiedenbrück in der Gaststätte Neuhaus zusammen um den gesetzlich vorgeschriebenen Stadtverband zur Vorbereitung der ersten Kommunalwahlen in der neu geschaffenen Stadt zu bilden. „§ 1 Die SPD-Ortsvereine Rheda und Wiedenbrück bilden einen SPD-Stadtverband § 2 Der SPD-Stadtverband Rheda-Wiedenbrück ist eine Dachorganisation. Die Selbständigkeit und Souveränität der im § 1 genannten Orstvereine wird hierdurch nicht berührt und bleibt daher gewährleistet.“ 1. Vorsitzender wurde Heinrich Vogelsang aus dem Ortsverein Rheda, da der Ortsverein Wiedenbrück keinen Kandidaten benannte.

Mit der endgültigen Zusammenlegung der beiden Städte Rheda und Wiedenbrück am 1. Januar 1970 stand die Bildung des neu zu wählenden Kommunalparlamentes in der Diskussion des SPD-Ortsvereins Rheda (Westf.). Mit Spannung sah man der geplanten Mitgliederversammlung am 9. Januar 1970 entgegen, in der der Rhedaer Anteil der Reserveliste beraten werden sollte. Ein Rekordbesuch (lt. Mitgliederliste 66 Anwesende) ließ ahnen, daß die Anhänger beider Richtungen mobilisiert worden waren. Ein vom Vorstandsvorschlag abweichendes Abstimmungsverhalten kennzeichnete die Situation. Nur Heinrich Heineke wurde einmütig für den ersten Listenplatz unterstützt. Der 1. Vorsitzende, Karl Tuttas, erhielt kein Vertrauensvotum für einen der vorderen Reservelistenplätze. Die damaligen 9 Wahlkreise im Stadtteil Rheda wurden von der SPD wie folgt besetzt:

Wahlkreis 1: Heinrich Heineke Wahlkreis 2: Walter E. Meier
Wahlkreis 3: Heinrich Vogelsang Wahlkreis 4: Harry Schmidt
Wahlkreis 5: Peter Kliche Wahlkreis 6: Winfried Schlubach
Wahlkreis 7: Walter Bloch Wahlkreis 8: Hellmuth Hachmann
Wahlkreis 9: Wilhelm Grebe.

Heinrich Heineke genoß in der Zeit der Krise innerhalb der Rhedaer Sozialdemokraten das Vertrauen der älteren und jüngeren Mitglieder. Dies bewies seine Wahl zum ersten Vorsitzenden auf der Jahreshauptversammlung am 13. Februar 1970. Die Zahl der Vorstandsmitglieder wurde von 9 auf 11 Mitglieder erweitert und eine gesunde Mischung aus erfahrenen und jüngeren Parteimitgliedern erreicht. Dies Konzept erwies sich für die Zukunft als richtig.

Für den neugewählten Vorstand war die Kommunalwahl am 15. März 1970 die erste Arbeit, die anstand. In enger Zusammenarbeit mit der Gruppe der Jungsozialisten traf man die Vorbereitungen dazu und die Jungsozialisten zeigten Power. Eine Reihe von Frühschoppen- und Bürgergespräche der Jusos zu kommunalpolitischen Themen wurden auch mit Unterstützung der älteren Mitglieder in beiden Teilen der „neuen“ Stadt durchgeführt. Besonders erwähnen möchte ich die Anregung, einen Fußgängerweg entlang der Ems zu schaffen, der von einem Stadtpark bis zum anderen der beiden Stadtteile reiche. Mit dem erzielten Stimmenanteil bei den Kommunalwahlen waren die Rhedaer Sozialdemokraten zufrieden. In den neuen Rat wurden gewählt: Heinrich Heineke, Heinrich Vogelsang, Harry Schmidt, Walter E. Meier, Peter Kliche, Walter Bloch und Winfried Schlubach. In der ersten Mitgliederversammlung nach den Kommunalwahlen urteilte Heinrich Heineke folgendermaßen „Die Vorbereitungen der Kommunalwahlen war gut. Ein Team hatte sich zusammengefunden, das unentwegt tätig gewesen ist.“